ensemble
>> Oberst Minitinovich vom Gradiskaner Regiment klagt über die schlechte Eßlust der Würmer, über gähe Witterungsveränderungen, wilde Gelsen, Wespen und Fliegen <<
für fixed media, fünf Instrumente und drei Minisynthesizer (2023)
FIXED MEDIA (2ch. + Sub) + Blockflöte – Klarinette – Klavier – Steel Drums & Glockenspiel – Violine
+ 3 Minisynthesizer
17′
Kompositionsauftrag des Project Ensemble Morph
UA 30.07.2023, Seoul
Project Ensemble Morph – Hyowon Lee, Na-Young Cheong, Eunah Hwang, Ari Kim, Sewon Bang
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>> Oberst Minitinovich vom Gradiskaner Regiment klagt über die schlechte Eßlust der Würmer, über gähe Witterungsveränderungen, wilde Gelsen, Wespen und Fliegen << ist ein Stück über (behauptete) Künstlichkeit und (behauptete) Natürlichkeit. Außerdem geht es auch um Insekten…
Der Titel ist ein Zitat aus „Die Ringe des Saturn“ von W.G. Sebald. Dieser referierte in seinen literarischen Texten häufig auf ausführliche – und teilweise sprachlich stark paraphrasierte – Weise echte und historische Quellen, mischte aber diese zum Teil mit gänzlich frei erfundenem angeblich historischem Material.
Das Stück trennt fast durchgehend streng zwischen der instrumentalen und der elektronischen Ebene. Eine inhaltliche Kommunikation zwischen diesen beiden Ebenen findet also fast immer gewissermaßen zufällig statt. Welche Ebene schlussendlich die „authentische“ sein könnte oder als solche kompositorisch dargestellt wird, bleibt der Wahrnehmung und der Entscheidung der Zuhörer*innen überlassen. Beide Wahrnehmungsweisen sind möglich und höchst erwünscht.
Das Stück ist Teil eines geplanten vierteiligen Zyklus über das Thema der kompositorisch inszenierten Künstlichkeit bzw. Natürlichkeit, dessen jeweilige elektronische bzw. akustische Ebenenen abschließend frei untereinander kombiniert und getauscht werden können.
Autismus & Verheißung
für 11 Instrumente (2022)
Bassklarinette solo – Tamtam solo – 4 Hörner – 4 Plattenglocken – Keyboard
ca. 7′
für Wolfgang Rihm
Wertstoffhof
für Ensemble (2019)
Flöte – Oboe – Klarinette – Fagott – Horn – Pauken – Klavier – Violine – Viola – Violoncello – Kontrabass
12′
für Gerhard Stäbler
Kompositionsauftrag von „Ein Tag für Gerhard Stäbler ’70“, gefördert durch die Kunststiftung NRW
UA 19.09.2019, Köln
Internationale Ensemble Modern Akademie, Musashi Baba (Leitung)
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Wertstoffhof schreibt eine Werkgruppe fort, die mich schon länger beschäftigt und die sich mit Verwaltungsbegriffen in ihrer ganzen Vieldeutigkeit befasst. Der Titel nimmt aber außerdem auch Bezug auf die „Müllfahrer von San Francisco“, denen das gleichnamige Stück von Gerhard Stäbler ja gewidmet ist. Als ich darüber nachdachte, was die Arbeit von Gerhard für mich spezifisch an Gehalten transportiert, so fiel mir erstmal eine Grundhaltung ein, die ich an ihm immer bewundert habe, und die ich mit einer freundlichen, gelassen-kämpferischen Beharrlichkeit, potenziell alles zur Kunst zu machen, beschreiben möchte. So lag der Gedanke nahe, in „Wertstoffhof“ alles Mögliche an Materialsplittern einfließen zu lassen; neben Geräuschhaftem und pantomimischem Gestenrepertoire auch musikhistorisch kontaminierten „Sondermüll“ in Form von tonale Assoziationen aufrufenden Intervallen oder Klangverbindungen. Der zunächst verwendete Arbeitstitel „Sortierschleife“ – eine Vorrichtung, die Müll an den Eingängen der Wertstoffhöfe vorsortiert – spielte sicherlich eine Rolle für die in sich kreisende und häckselnde Gestaltung der Form. Eine besondere Rolle kommt den Pauken zu, die mit ihrer Klangqualität eine Art auratische „Wertigkeit“ von Kunstmusik des 19. Jahrhunderts ausdrücken mögen, hier aber von allen möglichen Filterungen, (akustischen) Abfällen und konkreten Materialien im wahrsten Sinne des Wortes verdeckt werden. So entstand eine Art Konzert für vergebliche Solopauken und Ensemble. Der Paratext einer pantomimischen Einlage von Streichern und Dirigent*in hat einen (fast unhörbaren) Bruckner-Ausschnitt zur Grundlage und greift eine Geschichte auf, die mir Gerhard über seine Studienerfahrungen mit Bruckner erzählt hat. Der Teil steht aber gleichwohl hoffentlich für sich – als stumm-absurde Fortschreibung dessen, was wir in unserer täglichen akustischen Sortierarbeit vornehmen (müssen).
Eigenbedarf (… in den leeren Fensterbogen)
für großes Ensemble mit Zuspiel (2018/19)
2 Flöten (1/2 auch Altfl,2 auch Piccolo) – Oboe (Englischhorn) – 3 Klarinetten (1/2 auch Es-Klar, 3 auch Bassklar.) – Kontrafagott – 2 Hörner(Wagnertuben) – Posaune – Schlagzeug – Harfe – Klavier (auch Sampler) – 2 Violinen – 2 Bratschen – Violoncello – Kontrabass
18′
UA 04.05.2019, Köln (Alte Feuerwache / Acht Brücken Köln)
Ensemble der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf, Nicolas Kuhn (Leitung)
weitere Aufführungen:
25.05.2019, Düsseldorf – Lange Nacht der Neuen Musik
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Eigenbedarf reiht sich in eine Werkgruppe ein, die mich seit einigen Jahren beschäftigt, und die sich mit Verwaltungsbegriffen in ihrer ganzen Vieldeutigkeit befasst. Am Anfang stand das Vorhaben, sich mit der aktuellen sozialen Frage des vorherrschenden Mietnotstandes zu befassen. Von der – zugespitzten – Vorstellung ausgehend, dass möglicherweise in der Zukunft nur mehr sehr reiche Menschen überhaupt in Städten werden leben können, entstand ein konkretes Bild: Eine verlassene Stadt in einer unbestimmten Zukunft mit lauter leer stehenden Immobilien im Topzustand, die als reine Spekulationsobjekte dienen. Von diesem konkreten Bild ausgehend, wurde die Vorstellung von Leere zentral für alle kompositorischen Gestaltungselemente des Stückes.
Reizvoll war für mich nicht etwa der „horror vacui“ vor der Leere, sondern im Gegenteil der beinahe romantisch aufgeladene Frieden einer verlassenen Gegend. Als sich diese zentrale Vorstellung für das Stück herauskristallisiert hatte, fiel mir das Gedicht „Auf einer Burg“ von Joseph von Eichendorff ein. Für die Konkretisierung der inneren Szenographie wirkte das Gedicht als eine Art Katalysator. Es entstand das Vorhaben, eine gänzlich kühle und entleerte Situation in der Zukunft als sehnsuchtsvollen Rückblick zu komponieren, vergleichbar damit, wie im Text von Eichendorff das Mittelalter imaginiert wird.
Dazu dient auch das elektronische Zuspiel, das im letzten Drittel des Stückes in Form von kurzen Samples aus diverser aktueller (Pop)musik und angewandter Musik anekdotische Schlaglichter auf die Musik von jetzt wirft. Durch die Instrumentierung im Ensemble wird diesen Samples eine spezifische (Fenster?)-Rahmung verliehen. Für mich war der Gedanke reizvoll, die Musikausschnitte, die für viele Menschen eine völlig ernsthafte emotionale Bedeutung haben, durch eine klanglich „rein“ anmutende Klangumgebung und durch die Reduktion und rituelle Wiederholung dieser Klangumgebung gewissermaßen zu „heiligen“ und ihnen so schon jetzt eine (romantisierende? nostalgische?) Bedeutung zu verleihen, die sie möglicherweise erst aus der Zukunft zurückbetrachtet als Klangbild unserer Gegenwart erlangen könnten. Die Spannung und widersprüchliche Setzung, die ich mir von dem „Clash“ dieser gänzlich unpassenden Musik-Bedeutungen verspreche, wird sich hoffentlich in einer angemessen schizophrenen Hörerfahrung manifestieren.
Verwaltung
für Ensemble (2017)
Flöte (Picc.) – Klarinette (Bassklar) – Fagott – Trompete – Posaune – Schlagzeug – Orgelpositiv – Violine – Viola – Violoncello – Kontrabass
12′
UA 25.05.2017, Düsseldorf
Ensemble Mobile Beats, Pablo Druker (Leitung)
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Verwaltung beschäftigt sich mit dramaturgischen Situationen der Ausweglosigkeit. Schon seit längerem fasziniert mich die Vorstellung „musikalischer Sackgassen“ in der Gestaltung der Form. In mehreren Stücken habe ich versucht, die Unmöglichkeit, affirmative Dramaturgieprozesse heute ernsthaft gestalten zu wollen, bewusst zu künstlerisch intensivierten „Mangelerfahrungen“ auszuarbeiten. In diesem Stück wollte ich diese Arbeit ausweiten auf das konkret verwendete (Ton)material. In stetig fortentwickelten Varianten werden mikrotonal „verstimmte“ Akkorde, die gleichzeitig sowohl Assoziationen an konsonante, als auch an dissonante Tonverhältnisse traditioneller Harmonik aufrufen sollen, in verschiedene Stadien vermeintlicher dramaturgischer Fortentwicklung und Steigerung geführt, um jedoch fortwährend abzubrechen, in Wiederholungsschleifen zu geraten oder – in der Mitte des Stückes – in grelle Überzeichnung umgewidmet zu werden. Das Stück gibt sich gewissermaßen von Beginn an selbst auf und versucht, die Einsicht, in nur mehr von den Bedingungen der Kulturindustrie „verwalteten“ Dramaturgieprozessen- und strategien sich aufhalten zu können, in produktives künstlerisches Scheitern umzuwandeln. Potenziell klangvolle und eine Oberfläche vermeintlicher Stimmung transportierende Instrumente werden, etwa im Schlagwerk, immer gedämpft, können nicht klingen – Sinn- bzw. Hörbild für die nur mehr mögliche „Verwaltetheit“ ihrer potenziellen Wirkmacht. In den 1960er Jahren erschien der Text „Die Dinge“ von Georges Perec, in welchem jegliche Bedürfnisse und Lebensrealitäten der Protagonisten ausweglos von ökonomischen Zwängen und somit Wünschen bestimmt sind. Nur zufällig gleichzeitig zur Komposition habe ich den Text gelesen, worauf beim Komponieren eine merkwürdige gedankliche Übertragung der im Text beschriebenen ökonomischen Verhältnisse auf die (nicht direkt politische) Materialebene des Stückes stattfand. Im Schlussteil wird eine Aufzählung einiger Alltagsgegenstände aus dem Text als Fremdzitat in die musikalische Textur integriert und mit diversen Selbstzitaten aus dem Verlauf des Stückes collagiert – eine (auch nur) verwaltete Kunstfertigkeit stellt sich ein.
4.3
für zwei Klaviere, sechzehn Bläser, Harfe und Orgelpositiv (2014)
2 Flöten – 2 Oboen – 2 Klarinetten – 2 Fagotte – 2 Hörner – 2 Trompeten – 2 Posaunen – 2 Tuben – 2 Klaviere – Harfe – Orgelpositiv
UA 29.01.2015, Dresden
Tobias Schick & Nicolas Kuhn (Klavier), Studierende der HfM Dresden, Wolfgang Drescher (Leitung)
Impasse du Moulin
für Ensemble (2013)
Oboe (Englischhorn) – Klarinette (Bassklarinette) – Harfe – Akkordeon – Violoncello – Kontrabass
8′
UA 07.11.2013, HfM Dresden
Ensemble El Perro Andaluz, Lennart Dohms (Leitung)
weitere Aufführungen:
11/2013, Hochschule für Musik Leipzig